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Q&A

Badeunfälle

Wie Sie vorbeugen und im Notfall richtig regieren 

Wochenende, Sonnenschein – und auf geht´s zum See, ins Schwimmbad, in die Rheinauen oder ans Meer. Antworten und Anleitungen von Professor Dr. med. Thomas Weber und Martin Otter (Foto) die helfen, dass aus dem Spaß kein Ernst wird. 

ca. 4 Minuten

*Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form, meinen jedoch Menschen aller Geschlechter.

Foto: Wix

Kinder spielen im Wasser
Erste-Hilfe_T-Weber

Foto: privat

Professor Dr. med. Thomas Weber, Vorsitzender und Mitbegründer von „Wiesbaden lernt Erste Hilfe“, ist Internist, Arbeits- und Notfallmediziner. 

Er war lange Jahre Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin, Prävention und Gesundheitsförderung der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, ist Vizepräsident des DRK, Kreisverband Wiesbaden, Mitglied zahlreicher Fach- und Berufsverbände, Gremien und Arbeitskreise, Honorarprofessor der Frankfurt University of Applied Sciences und hat eine Praxis in der Wilhelm Fresenius Klinik Wiesbaden. Adresse und mehr Informationen.

Welche Gewässer sind am sichersten? Die wenigsten tödlichen Unfälle geschehen an bewachten Badestellen. In Schwimmbädern und an bewachten Stränden am Meer ist die Unfallgefahr generell am kleinsten. Am riskantesten ist das Baden in Seen, gefolgt von Flüssen und Kanälen, so die aktuelle Erhebung der DLRG. 

Sind die Rettbergsaue und andere beliebte natürliche Badestellen in und um Wiesbaden zu empfehlen? Nein, keine Badestelle ohne Aufsicht ist zu empfehlen. Besonders im Rhein, einer Bundeswasserstraße, gibt es erhebliche Gefahren. Es herrscht zwar kein generelles Badeverbot, aber es können gefährliche Strömungen auftreten, und durch die Wellen der Schiffe kann am Ufer ein Sog entstehen, der auch geübte Schwimmer ins Fahrwasser ziehen kann.

Welche Bevölkerungsgruppe ist am meisten gefährdet? Nach der aktuellen Statistik der DLRG Deutschland waren bis einschließlich Juli 2023 vier von fünf Ertrunkenen männlich, und rund jedes zweite Opfer war älter als 50 Jahre. „Selbstüberschätzung und Alkohol spielen dabei wichtige Rollen“, so Martin Otter von der DLRG Wiesbaden. Die Anzahl der Kinder ist im Vergleich zu Vorjahren angestiegen. Ein Grund ist

Corona: Schwimmunterricht und Schwimmkurse sind

ausgefallen. In der Folge können derzeit rund 20 Prozent

der Acht-bis Zehnjährigen nicht schwimmen; vor Corona

waren es nur rund zehn Prozent. 
Kann man Kinder, die nicht sicher schwimmen können,

an seichten Ufern und im Nichtschwimmerbecken spielen

lassen? Ja, allerdings sollte man nie weiter als eine Armlänge

entfernt sein, selbst wenn die Kinder Auftriebshilfen wie

Westen und Schwimmflügel tragen. Kinder können auch in einer

Pfütze ertrinken – oder in der Wanne! 
Was tun, wenn einen beim Schwimmen in einem Gewässer

die Kräfte verlassen? Nehmen Sie die „Toter-Mann-Stellung“

ein: in Rückenlage die Beine leicht spreizen und die gestreckten

Arme vom Körper abhalten. Dann lassen Sie sich mit den Füßen

voran und nach vorn blickend treiben. Mit den Armen können

Sie lenken, Richtung Ufer oder um Gefahren wie

Brückenpfeilern oder Felsen auszuweichen.
Was tun bei Muskelkrämpfen im Wasser? Es gilt, Ruhe zu

bewahren und Richtung Ufer zu schwimmen. Ist das nicht

Foto: © DLRG Kreisgruppe Wiesbaden e.V.

DLRG_Martin-Otter

Martin Otter ist zweiter Vorsitzender der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Kreisgruppe Wiesbaden e.V.
 

möglich, dann lässt sich ein Krampf im Bein lösen, indem man sich auf den Rücken dreht: Bei einem Wadenkrampf zieht man die Fußspitze des möglichst gestreckten Beins Richtung Kinn; bei einem Oberschenkelkrampf das Fußgelenk fassen und den Unterschenkel gegen den Oberschenkel drücken. Bei einem Fingerkrampf eine Faust ballen und die Hand öffnen. So oft wiederholen bis der Schmerz nachlässt.
Wie regieren, wenn einen eine Strömung erfasst? Grundsätzlich sollte man niemals gegen eine Strömung schwimmen. Stattdessen mit der Strömung treiben und versuchen, langsam in einem kleinen Winkel Richtung Ufer zu schwimmen. Ignorieren Sie das Gefühl, auf diese Weise noch weiter abzutreiben: Es ist die sicherste Methode, um an Land zu kommen. Bei Erschöpfung: Nehmen Sie die Toter-Mann-Stellung ein (s.o).
Wie helfe ich Schwimmern in Not? Es gilt: Eigensicherung geht vor Rettung. Darum als nicht ausgebildeter Rettungsschwimmer niemals einfach ins Wasser springen und versuchen, mit der ertrinkenden Person an Land zu schwimmen. Sie wird aus Panik versuchen, sich festzuklammern. Dabei können nicht besonders geschulte Schwimmer leicht unter Wasser gezogen werden. 
Wie kann ich Schwimmern in Gefahr vom Ufer aus helfen? 
Als erstes die 112 rufen und den Notfall möglichst genau schildern. Rettungsversuche sollten man möglichst mit festem Boden unter den Füßen starten. Werfen oder schieben Sie der Person ein Seil, einen Rettungsring, eine Luftmatratze oder einen anderen schwimmenden Gegenstand zu, der sich zum Festhalten eignet, etwa auch ein Surfbrett. 
Was tun, wenn die Person keine Kraft zum Festhalten hat? 
Nicht ausgebildete Rettungsschwimmer können vom Land aus beruhigend mit der Person sprechen. Dabei gegebenenfalls mit der Strömung mitlaufen. Ausgebildete Helfer nähern sich in dem Fall der Person nicht, wie üblich, von vorne, sondern von hinten, damit sie sich nicht festklammern und den Retter in Gefahr bringen kann. Beim Herausziehen ist darauf zu achten, dass ihr Kopf über Wasser bleibt.
Sind Freizeitwassersportler wie Stand-up Paddler oder Kite Surfer besonders gefährdet?  Nicht wenige unterschätzen die Risiken und überschätzen ihre Fähigkeiten. Martin Otter empfiehlt: „Als ungeübter Schwimmer oder Nichtschwimmer sollte man bei jeder Wassersportart eine Schwimmweste tragen, auch wenn man sich ohne sicher fühlt.“ Das gilt auch für Ausflüge im Ruder-, Tret-, Segel- und Paddelboot: Auch geübte Schwimmer unterschätzen leicht, dass es wesentlich kräftezehrender ist, in Straßenkleidung zu schwimmen als in Badekleidung. 
Wieviele Menschen sind bis Juli 2023 in Hessen ertrunken? Prof. Weber: „Es sind zu viele. Allein über Pfingsten sind 2023 mindestens drei Menschen in hessischen Badeseen ertrunken, kurz danach ein 13-jähriger Schüler in einem Wiesbadener Schwimmbad und danach ein 19-Jähriger in einem Baggersee in der Nähe.
Wie kann man Erste Hilfe leisten? 
Auch bei Badeunfällen zählt jede Minute, denn Sauerstoffmangel kann zu schweren Schäden oder zum Tod führen. Zuerst um Hilfe rufen. Am besten benachrichtigt eine weitere Helferin oder ein Helfer gleichzeitig über die 112 den Rettungsdienst. Ist die verunglückte Person bewusstlos und atmet nicht mehr, können geschulte Helferinnen oder Helfer mit der Beatmung gegebenenfalls schon im seichten Wasser beginnen. An Land führen sie dann zusätzlich eine Herzdruckmassage aus. Nicht geschulte Helfer führen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes eine Herzdruckmassage ohne Beatmung durch (siehe dazu unser Expertengespräch mit Professor Dr. med. Weber): Es gilt, zirka 100 mal pro Minute – etwa im Rhythmus des Bee Gees-Hits „Staying Alive“ –, den unteren Teil des Brustbeins etwa fünf Zentimeter tief einzudrücken. Wenn die verunglückte Person atmet oder nach der Wiederbelebung zu atmen beginnt, ist eine „Stabile Seitenlage“ notwendig.


 

Sicherer Baden

20 Empfehlungen von Professor Dr. med. Thomas Weber

1. Schwimmen lernen, möglichst früh in der Kindheit.
2. Nicht nur im Urlaub, sondern häufig schwimmen und auf die Fitness achten.
3. Sich beim Schwimmen, Baden, Wassersport vorbereiten: Was brauche ich? Was kommt auf mich zu?.
4. Risiko abschätzen: Wie steht es um Wetter, Wind, Gewässerart, Wassertiefe, Strömung, Felsen, Seeigel u.a.?
5. Eigene Fähigkeiten und Kräfte realistisch einschätzen, besonders im höheren Lebensalter.
6. Bestehende Krankheiten, Behinderungen oder Schwangerschaft berücksichtigen und gegebenenfalls vorher mit dem Arzt oder der Ärztin besprechen.
7. Nicht nach üppigen Mahlzeiten oder nach Alkohol- oder Drogenkonsum ins Wasser gehen.
8. Vor dem Schwimmen abkühlen und sich an die Temperatur gewöhnen.
9. Nicht unkontrolliert in unbekanntes Gewässer gehen, zum Beispiel mit einem Kopfsprung.
10. Sich nicht auf Auftriebshilfen wie Schwimmflügel, -reifen oder Luftmatratzen verlassen.
11. Nicht andere Schwimmer gefährden, sie etwa mit dem Kopf untertauchen.
12. Beim Schwimmen vom Ufer weg an den Rückweg denken.
13. Im Freien den Himmel beobachten, um ein aufziehendes Gewitter zu erkennen.
14. Bei Unwohlsein oder Frösteln sofort aus dem Wasser gehen.
15. Beim Wassersport eine Sicherheitsausrüstung wie eine Rettungsweste benutzen.
16. Nicht nahe oder in der Fahrrinne von Wasserstraßen schwimmen.
17. Kinder entsprechend ihrem Alter und ihren Fähigkeiten beaufsichtigen.
18. Am besten an bewachten oder als sicher gekennzeichneten Stränden schwimmen.
19. Beim Baden und Schwimmen auf andere achten, um Notlagen zu erkennen.
20. Nichtschwimmer sollten nur dort ins Wasser gehen, wo sie sicher stehen können und der Oberkörper über der Oberfläche bleibt.

Schwimmkurse, Erste-Hilfe-Kurse und weitere Informationen

Der  Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Kreisverband Wiesbaden e.V. bietet Schwimmkurse und weitere Informationen.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) e.V gibt u. a. Tipps für mehr Sicherheit in und am Wasser. 

Erste Hilfe Kurse bieten u.a.:
Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Wiesbaden e.V
Johanniter-Unfall-Hilfe Geschäftsstelle Wiesbaden

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