top of page

Interview

Schlaganfall

Warum Zeit Hirn ist

ca. 10 Minuten

*Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form, meinen jedoch Menschen aller Geschlechter.

Mädchen auf den Gebieten
Eine Kopfschmerzattacke, ein ungewohnt schiefes Lächeln, plötzliche Orientierungslosigkeit: Zahlreiche Symptome können auf einen Schlaganfall hindeuten, auch bei Kindern. Professorin Stephanie Tritt erklärt, wie man ihm vorbeugt, ihn erkennt, im Ernstfall richtig reagiert – und welche entscheidenden Rollen überregionale zertifizierte Stroke Units und Schlaganfalllotsen* spielen. Plus: Anlaufstellen für Betroffene.

„Ein gesunder Lebensstil kann das persönliche Schlaganfallrisiko deutlich senken“

Gesundheitskompass für Wiesbaden: Rund 270 000 Menschen erleiden in Deutschland pro Jahr einen  Schlaganfall, etwa 1200 pro Jahr werden in den HSK Wiesbaden behandelt.  Was löst ihn aus?
Professorin Dr. Dr. med halbil. Stephanie Tritt: Die meisten Schlaganfälle entstehen durch verstopfte oder verengte  Blutgefäße des Gehirns. Dadurch wird es nicht mehr ausreichend mit  Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Man spricht in dem Fall von einem  Hirninfarkt oder ischämischen Schlaganfall. Deutlich seltener sind  Schlaganfälle, die durch eine Blutung ausgelöst werden, weil ein Gefäß  im Gehirn platzt, etwa aufgrund eines Aneurysmas, also einer Aussackung  im Blutgefäß. Man spricht dann von einem hämorrhagischen Schlaganfall.

Gesundheitskompass: Was geschieht, wenn die Durchblutung im Gehirn beeinträchtigt ist?
Prof. Tritt: Gehirnzellen werden nicht länger mit Sauerstoff versorgt und sterben  ab. Hält dieser Zustand an, können Körperfunktionen verloren gehen.  Abhängig vom betroffenen Areal im Gehirn können zum Beispiel Lähmungen,  Sprachstörungen, Schwindel und andere Symptome auftreten. Je länger der  Sauerstoffmangel besteht, desto größer ist tendenziell das Ausmaß der  Zellschäden im Gehirn und desto gravierender sind die potenziell  bleibenden Auswirkungen. Es zählt also jede Sekunde. Die  schnellstmögliche Wiederherstellung des regulären Blutflusses und der  Sauerstoffversorgung des Gehirns ist entscheidend für den  Behandlungserfolg.

Gesundheitskompass: Die  Helios HSK haben eine überregionale Stroke Unit. Welche Vorteile hat  dieses, frei übersetzt, überregionale Schlaganfall-Team für Betroffene?
Prof. Tritt: Eine  Stroke Unit ist eine Station innerhalb des Krankenhauses, die auf die  Diagnose und Behandlung akuter Schlaganfälle spezialisiert ist.  Betroffene werden dort gezielt, umfassend und fachübergreifend  behandelt. Vor allem die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist wichtig,  denn erfolgreiche Schlaganfallbehandlung ist immer Teamarbeit zwischen  Experten verschiedener Fachrichtungen.
Gesundheitskompass: Die Stroke Unit der Helios HSK ist zertfiziert. Was bedeutet das?

Prof. Tritt: Das  unabhängige Zertifizierungsverfahren der Deutschen  Schlaganfall-Gesellschaft und der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe  sichert die Qualität der Behandlung nach einheitlichen Kriterien,  Richtlinien und aktuellen Standards. Auch technische und personelle  Ausstattung, Fachexpertise und Prozesszeiten bei der Behandlung spielen  wichtige Rollen. Für Patientinnen und Patienten bedeutet die  Auszeichnung mehr Sicherheit und Transparenz.

Gesundheitskompass: Sind überregional und regional im Zusammenhang mit Stroke Unit geografische Angabe?

Prof. Tritt: Bei  der Unterscheidung geht es, vereinfacht gesprochen, darum, wie der  Bereich aufgestellt und ausgestattet ist und wie groß das Einzugsgebiet  für Behandlungen ist. Eine zertifizierte überregionale Stroke-Unit muss  zusätzliche Kriterien erfüllen und bietet ein bestmögliches  Versorgungslevel. Dies kommt insbesondere Patienten mit schweren und  komplexen Schlaganfällen zugute.

Gesundheitskompass: Können Sie bitte näher erläutern, wie?
Prof. Tritt: Sie profitieren davon, dass neben der medikamentösen, auch die  Möglichkeit einer minimalinvasiven Behandlung besteht. Diese  spezialisierte sogenannte mechanische Thrombektomie wird bei uns in der  Neuroradiologie von erfahrenen Experten durchgeführt. Sie öffnen  verschlossene Gefäß im Gehirn mechanisch mit einem kleinen Katheter.

Gesundheitskompass: Wie kann man sich den Eingriff vorstellen?
Prof. Tritt: Stark  vereinfacht gesprochen, geht der Neurointerventionalist mit einem  Mikro-Katheter, meist über die Arterie in der Leiste, zu der betroffenen  Stelle im Gehirngefäß. Der Eingriff wird durchleuchtet und sichtbar  gemacht. Die Patienten schlafen in der Regel. Ist man mit dem Katheter  am verstopften Hirngefäß angekommen, dann ist es eigentlich wie eine  Rohrreinigung. Man zieht das Gerinnsel, aus dem Hirngefäß heraus und  eröffnet das verstopfte Gefäß wieder.

Gesundheitskompass: Das klingt nicht gerade harmlos.
Prof. Tritt: Ein  minimalinvasiver Eingriff am Gehirn ist natürlich fachlich sehr  anspruchsvoll und Bedarf langjähriger neurointerventioneller Ausbildung  und Erfahrung. Das Verfahren an sich ist aber vergleichsweise sicher.  Komplikationen treten sehr selten auf.

Gesundheitskompass: Können Sie auch Blutungen und Aneurismen, also hämorrhagische Schlaganfälle, mit der Kathedermethode behandeln?
Prof. Tritt:  Ja, in der interventionellen Neuroradiologie können auch  gefäßverschließende Eingriffe minimalinvasiv durchgeführt werden, zum  Beispiel ein Verschluss von Gefäßaussackungen mit Platinspiralen, ein  sogenanntes Coiling. Für diese hochspezialisierten Interventionen kann  man sich zusätzlich zertifizieren lassen. Wir sind am Institut ein sehr  erfahrenes Team und auf komplexe neurointerventionelle Eingriffe  besonders spezialisiert.

Gesundheitskompass: Studien  haben gezeigt, dass sich 70 bis 80 Prozent der in überregionalen  zertifizierten Stroke Units behandelten Patienten vollständig erholen.  Wird ein Schlaganfall dagegen mit Medikamenten behandelt, wie in  kleineren Kliniken oder Praxen üblich, liegt die Rate lediglich zwischen  20 und 30 Prozent.
Prof. Tritt: Auf  dem Gebiet der Schlaganfallbehandlung wurde in den letzten Jahren  erfreulicherweise viel geforscht, und es gab einige große Studien.  Unstrittig ist, dass eine schnelle Behandlung in einer  Schlaganfall-Spezialstation ein entscheidender Faktor für den  Behandlungserfolg ist und dass die mechanische Thrombektomie der  alleinigen medikamentösen Behandlung, der sogenannten Lysetherapie, bei  großen Gefäßverschlüssen überlegen ist.

Gesundheitskompass: Die erste Anlaufstelle bei einem Verdacht ist also nicht der Hausarzt?
Prof. Tritt: Ein  Schlaganfall ist immer ein Notfall. Wie bei einem Verdacht auf  Herzinfarkt auch, rate ich dazu, direkt den Notruf zu wählen, die 112,  und sich vom Rettungsdienst in eine spezialisierte Klinik bringen zu  lassen. So ist die schnellstmögliche Diagnose und erforderlichenfalls  eine adäquate Behandlung sichergestellt. Wie bereits gesagt, Zeit ist  ein entscheidender Faktor für den Behandlungserfolg.

Gesundheitskompass: Im  Großraum Wiesbaden gibt es vier dieser überregionalen Stroke Units,  neben Ihrer Abteilung an den HSK, an der Universitätsmedizin Mainz, im  Klinikum Frankfurt Höchst und am Klinikum der Johann Wolfgang  Goethe-Universität Frankfurt. Bei welchen Anzeichen sollte man den  Notruf wählen?
Prof. Tritt: Ein  Schlaganfall kann plötzlich und unvermittelt auftreten. Typische  Anzeichen sind Sehstörungen, Sprachstörungen, Lähmungserscheinungen und  Taubheitsgefühle, starker Schwindel mit Gleichgewichtsstörungen sowie  sehr starke Kopfschmerz. Erste Anhaltspunkte gibt der sogenannte  FAST-Test.

Gesundheitskompass: Können Sie den Test bitte kurz erklären?
Prof. Tritt: Die  Abkürzung kommt aus dem Englischen. F steht für Face, also Gesicht, A  für Arme, S für Sprache, T für Time, also Zeit. Beobachten Sie sich oder  den Betroffenen nach diesen Kriterien. Ist die Mimik normal oder  scheint das Lächeln plötzlich schief? Sind beide Arme uneingeschränkt  beweglich und können gleichzeitig gehoben werden? Sind Sprache oder  Sprachverständnis beeinträchtigt und kann die Person beispielsweise  einen einfachen Satz problemlos nachsprechen? Wenn eine oder vielleicht  sogar mehrere dieser Handlungen nicht möglich sind, besteht zumindest  ein erster Verdacht. Dann sollte man keine Zeit verlieren, den Notruf  112 zu wählen.

Gesundheitskompass: Was, wenn Beschwerden nach wenigen Minuten völlig verschwinden?
Prof. Tritt: Auch  das sollte man so schnell wie möglich in einer Stroke Unit abklären  lassen. Es könnte nämlich eine TIA sein, eine sogenannte transistorische  ischämische Attacke. Das ist eine vorübergehende Durchblutungsstörung  im Gehirn, die einem Schlaganfall oft vorangeht. Eine TIA ist ein  Warnschuss, den man auf keinen Fall überhören sollte.

Gesundheitskompass: Wie klären Mediziner ab, ob es ein Schlaganfall, eine TIA oder doch nur eine Migräneattacke ist?
Prof. Tritt: In der Radiologie oder der spezialisierten Neuroradiologie erfolgt die  Diagnose mit einer Computertomografie oder einer  Magnetresonanztomographie, MRT. Das dauert meist nur Minuten und gibt  sofort Gewissheit, ob ein manifester Schlaganfall vorliegt. Auch  kleinere betroffene Areale des Gehirns sind deutlich im MRT sichtbar.  Neurologische Untersuchungen und Bluttests runden die Diagnose ab.

Gesundheitskompass: Ist eine TIA, die man hinter sich hat, auch sichtbar?
Prof. Tritt: Ja, auch eine TIA klären wir mit bildgebenden Verfahren ab. Eine TIA  ist oft ein erstes Anzeichen für eine Durchblutungsstörung im Gehirn und  es könnten weitere Schlaganfälle mit relevanter Beeinträchtigung  folgen. Daher schauen wir auch bei jeder TIA mittels bildgebender  Verfahren, ob es bereits zu einem sichtbaren Infarkt gekommen ist.

Gesundheitskompass: Wie werden TIA-Patienten behandelt?
Prof. Tritt: Bei einer TIA werden, ähnlich wie bei einem manifesten Schlaganfall,  Risikofaktoren analysiert und die Behandlung entsprechend gewählt,  etwa  die Einstellung des Blutdrucks, die Regulierung der Blutfettwerte,  Gewichtsreduktion, Diabetes mellitus-Prophylaxe oder -Behandlung.

Gesundheitskompass: Die Überlebensrate nach einem Schlaganfall liegt nach einem Jahr  zwischen 73 und 85 Prozent, nach fünf Jahren bei rund 55 Prozent.  Menschen unter 45 Jahren überleben ihn zu 98 Prozent. Das klingt  eigentlich nach einer guten Nachricht.
Prof. Tritt: Bei  der Behandlung  hat sich in den letzten Jahren viel Positives getan,  auch durch die Einführung spezialisierter Stroke Units und die Bildung  von neurovaskulären Versorgungsnetzwerken. Was man aber nicht vergessen  darf ist, dass der Schlaganfall nach wie vor zu einer der häufigsten  Todesursachen in Deutschland gehört. Und Schlaganfälle sind die  häufigste Ursache für bleibende Behinderungen im Erwachsenenalter.

Gesundheitskompass: Auch Kinder können einen Schlaganfall bekommen. Auf welche Anzeichen sollen Eltern achten?
Prof. Tritt: Die meisten Kinder haben Vorerkrankungen, überwiegend Herz- oder  Gefäßerkrankungen. Dass gesunde Kinder einen Schlaganfall erleiden, ist  sehr selten. Allerdings sollte man auch bei ihnen auf ungewöhnliche  Symptome wie Seh- und Sprachstörungen, Lähmungen von Gliedmaßen, starke  Kopfschmerzen, Schläfrigkeit achten und diese lieber einmal vom  Neurologen oder Neuroradiologen abklären lassen.

Gesundheitskompass: Für  alle Altersgruppen gilt, fünf von 100 Betroffenen erleiden innerhalb  des ersten Jahres einen weiteren Schlaganfall. Auch Herzinfarkte, die  ebenfalls eine Gefäßerkrankung sind, treten häufiger auf. Wie lassen  sich diese Risiken verringern?
Prof. Tritt: Wie bei allen Herz- und Gefäßerkrankungen spielen, neben der  medikamentösen Einstellung, veränderte Lebensgewohnheiten eine wichtige  Rolle. In der ersten Zeit in der Klinik und auch noch in der Reha sind  die meisten Patienten motiviert, gesünder zu essen, nicht zu rauchen,  sich mehr zu bewegen, den Blutdruck zu kontollieren. Aber dann, wieder  zuhause, fallen viele in alte Muster zurück. Und da kommen die  Schlaganfall-Lotsen ins Spiel.

Gesundheitskompass: Die HSK sind unter den ersten Kliniken in Deutschland, die ein Lotsenprogramm anbieten. Was leisten Lotsen?
Prof. Tritt: Kurz  zusammengefasst, sind Schlaganfall-Lotsen professionelle Kümmerer für  Betroffene. Dabei geht es um einen ganzheitlichen Ansatz. Lotsen  begleiten Menschen, die einen Schlaganfall hinter sich haben ab ihrem  Klinikaufenthalt und helfen ihnen zurück ins Leben. Sie unterstützen  beispielsweise bei der Koordination notwendiger Maßnahmen, wenn die  Betroffenen wieder zu Hause sind, und auch dabei, das Risiko für einen  erneuten Schlaganfall zu vermindern.

Gesundheitskompass: Sie sind also so eine Art Lebenscoach für Schlaganfallpatienten, der  sie daran erinnert, was gut für sie ist und konkret hilft, ihre  Interessen durchzusetzen?
Prof. Tritt: Ja,  das könnte man so beschreiben. Sie helfen einerseits ganz pragmatisch  bei der Frage, welche Mittel und Leistungen wo beantragt werden, und  andererseits auch bei der Prävention und Gesundheitsförderung. Ein  gesunder Lebensstil und gesundheitsfördernden Maßnahmen tragen  entscheidend dazu bei, das Risiko für einen weiteren Schlaganfall zu  minimieren.

Gesundheitskompass: Wie sieht die Unterstützung durch Schlaganfall-Lotsen konkret aus?
Prof. Tritt: Sie  beraten und helfen per Telefon oder Internet und machen, wenn es  gewünscht wird, Hausbesuche. Vorgesehen sind mindestens drei innerhalb  eines Jahres. Dabei geht es auch manchmal um kleine Dinge.  Beispielsweise kann schon der Satz an der Haustür helfen: ,Riecht es  hier nach Rauch?’

Gesundheitskompass: Weil Patientinnen sich ertappt fühlen und darum eher bereit sind, ihre Lebensgewohnheiten überdenken?
Prof. Tritt: Genau. Wenn der Partner oder ein Familienangehöriger so etwas sagt,  dann kann das leicht zu Konflikten führen. Eine neutrale dritte Person  hat da oft einen besseren, konstruktiveren Einfluss. Sie kann auch  helfen, Krisen im Zusammenleben zu entschärfen. Für  Schlaganfallbetroffene und das engste Umfeld ist die neue Situation  häufig nicht ganz einfach.

Gesundheitskompass: Inwiefern?
Prof. Tritt: Ein  Schlaganfall kann das Leben von einem Moment auf den anderen total  verändern! Wenn man etwa plötzlich im Alltag auf Hilfe angewiesen ist,  ist es für Betroffene eine völlig neue Situation. Als Folge eines  Schlaganfalls können also nicht nur körperliche, sondern auch mentale  und seelische Beeinträchtigungen auftreten. Es kann passieren, dass  ehemals optimistische, freundliche Menschen  negativ und eigensinnig  oder impulsiv werden. Und rund ein Drittel der Patienten entwickelt  depressive Verstimmungen oder eine Depression. Sie fühlen sich hilflos  und geben die Hoffnung auf eine Besserung auf.

Gesundheitskompass: Nach welcher Zeit muss man die Hoffnung aufgeben?
Prof. Tritt: Grundsätzlich sollte man die Hoffnung nie aufgeben. Jeder Fall ist  individuell, und es gibt immer Ausnahmen. In der Regel gilt für  neurologische Störungen, also Lähmungen und Sprach- oder  Verständnisstörungen die Faustregel, was nach zwölf  Monaten nicht da  ist, kommt höchstwahrscheinlich nicht wieder. Das bedeutet aber auch,  dass es sich lohnt, auch nach zehn Monaten mit Krankengymnastik und  anderen Therapien weiterzumachen. Ein Lotse kann helfen, die Motivation  nicht zu verlieren und dunkle Zeiten besser zu überstehen.

Gesundheitskompass: Das Lotsen-Programm ist eine initiative der Stiftung Deutsche  Schlaganfallhilfe. Sie übernimmt die Ausbildung. Es ist eine  Zusatzqualifikation für Fachkräfte aus Therapie- und Pflegeberufen, die  200 Stunden dauert. Die Kassen übernehmen bisher jedoch nicht die Kosten  für den Einsatz. Müssen Patienten selbst dafür aufkommen?
Prof. Tritt: Für Patienten ist die Leistung absolut kostenfrei. Natürlich ist die  Finanzierung ein Knackpunkt. Bei den Helios HSK handelt es sich um einen  zusätzlichen Service, der von der Klinik finanziert wird. Dies gilt für  alle laufenden Kosten, wie Personal und Sachmittel, und auch für Module  zur Ausbildung der Fachkräfte. Die Klinik ist in Vorleistung getreten  und gehört zu den ersten Einrichtungen, die das Konzept so konsequent  umsetzen. Ich halte das wirklich für ein starkes Signal.

Gesundheitskompass: Können sich Patienten für das Programm bewerben?
Prof. Tritt: Nein, die Lotsinnen entscheiden anhand eines Kriterienkatalogs  gemeinsam mit dem Stroke-Unit-Team, wer für das Programm in Frage kommt.  Diese Patienten erhalten ein Angebot für die Teilnahme. Wird des  angenommen, finden schon in der Klink Gespräche statt und die Lotsinnen  können den Patienten bereits mit Formularen und Anträgen unterstützen.  In der Regel dauert die Begleitung zwölf bis 18 Monate.

Gesundheitskompass: Zeit  ist Hirn, ist auf Wiesbadener Stadtbussen zu lesen. Die Werbekampagne  der Schlaganfallinitiative Wiesbaden Rheingau/ Taunus ist 2021 als beste  Buswerbung ausgezeichnet worden. Was bringt sie konkret?
Prof. Tritt: Mit  der mobilen Informationskampagne soll in der  Öffentlichkeit für das  relevante Thema Schlaganfall sensibilisiert werden. Einen Schlaganfall  als Notfall zu erkennen und dann in der Situation richtig zu reagieren,  kann Leben retten und dazu beitragen, die Folgen des Schlaganfalls für  Betroffene zu minimieren. Über die Auszeichnung als beste Buswerbung  haben wir uns natürlich sehr gefreut. Sie hat dazu geführt, dass die  Kampagne auch in den sozialen Netzwerken zu finden war. Man kann nicht  genug Aufmerksamkeit wecken und wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Das  möchten wir natürlich auch weiterhin tun.

Gesundheitskompass: Sehr geehrte Frau Professorin Tritt, vielen Dank für das Gespräch!

Allergie_PLudge-Klimek_c-ZRA-Wiesbaden (1).jpg

Foto:Helios HSK Wiesbaden

Prof. Dr.  med. Dr. med. habil. Stephanie Tritt ist stellvertretende Ärztliche  Direktorin der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken (HSK) und Direktorin  des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie und  Neuroradiologie an den HSK. Die Helios HSK Wiesbaden verfügt über eine  zertifizierte überregionale Schlaganfall-Spezialstation (Stroke Unit)  und ist damit eine zentrale Anlaufstelle bei einem Verdacht auf  Schlaganfall. Und als eine der ersten Kliniken in Deutschland stellen  die HSK Patienten während der Zeit der Nachsorge nach dem  Klinikaufenthalt ausgebildete Schlaganfall-Lotsen zur Seite. Weitere Informationen zur Person und zur Schlaganfallinitiative Wiesbaden/ Rheingau-Taunus, deren Vorsitzende Professorin Tritt ist.

Pollen2.png

Adressen & Informationen

Schlaganfallinitiative Wiesbaden Rheingau/Taunus
Aufklärung und Information, auch für Vereine und Betriebe stehen im  Fokus. Spenden und Mitgliedsbeiträge ermöglichen, medizinischen Geräte  und Therapiematerialien zu finanzieren und Studien und  Fortbildungsveranstaltungen zu unterstützen. Weitere informationen

Selbsthilfegruppe Schlaganfall/Bluthochdruck Wiesbaden
Einmal pro Monat treffen sich Betroffene und Angehörige im Gesundheitsamt Wiesbaden, um Erfahrungen auszutauschen. Kontakt und weitere Informationen

Schaki-Regionalgruppe Rhein Main
Informationen für Familien von Schlaganfallkindern und Möglichkeiten, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Kontakt und weitere Informationen

Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
Adressen, Broschüren und zahlreiche andere Informationen zum Vorbeugen, Behandeln und Leben mit den Folgen eines Schlaganfalls. Weitere Informationen. Die Stiftung unterstützt und initiiert auch Studien und Programme, darunter die Schlaganfall-Lotsen.

Kompetenznetzwerk Schlaganfall
Bundesweites Netzwerk von Ärzten, Wissenschaftlern, Selbsthilfeverbänden  und anderen Organisationen zum Austausch von Informationen. Ziel ist  die Verbesserung der Schlaganfall-Prävention und der medizinischen  Versorgung. Neben Informationen findet man Links und Adressen zu  Selbsthilfeorganisationen und Kliniken – und die Möglichkeit, das  individuelle Schlaganfall-Risiko zu testen. Weitere Informationen

Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft e.V.
Forschen, fördern, umsetzen, so der Slogan. Die Site richtet sich in  erster Linie an Experten. Betroffene finden Informationen zu aktuellen  Entwicklungen und Studien. Weitere Informationen

Wichtige Risikofaktoren auf einen Blick

Zahlreiche  Studien, darunter die aktuelle Interstroke-Studie zu Schlaganfällen in  aller Welt, haben Wohlstandsgewohnheiten und -erkrankungen als  Hauptursachen für den Schlaganfall identifiziert, die wichtigsten:
+Bluthochdruck
+Adipositas und starkes Übergewicht
+Bewegungsmangel
+Rauchen
+erhöhte Cholesterinwerte
+Diabetes mellitus
+übermäßiger Alkoholkonsum
+Stress
+Depressionen  
+Herzrhythmusstörung
+familiäre Häufung

„Liegen zehn Risikofaktoren vor, beträgt die  Schlaganfallwahrscheinlichkeit 90 Prozent“, sagt Professor Dr.  Hans-Christoph Diener, deutscher Leiter der Interstroke-Studie.

Weitere Informationen zu Risiken und zum Vorbeugen finden Sie u.a. bei der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und bei der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft e.V.
Informationen, wie Sie das Risiko für Folgeschlaganfälle senken können, bietet z.B. die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe

bottom of page