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Leberzellkrebs

Früh erkennen und erfolgreich behandeln

ca. 6 Minuten

*Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form, meinen jedoch Menschen aller Geschlechter.

Mädchen auf den Gebieten
Der Leberzellkrebs, auch hepatozelluläres Karzinom (HCC) genannt, ist eine vergleichsweise seltene Tumorerkrankung in Deutschland mit etwas weniger als 7000 Neuerkrankungen pro Jahr. Weil die Behandlung bisher so schwierig ist, liegt er bei den krebsbedingten Todesfällen bei Frauen auf Platz 9 und bei Männern auf Platz 5. Hier finden Sie Informationen zur Prävention und Diagnostik von Leberzellkrebs und erfahren alles über mögliche Behandlungsmaßnahmen.

"Eine frühzeitige Identifikation der Menschen, die bereits durch Lebererkrankungen vorbelastet sind, ist besonders wichtig."

In Deutschland sind neben diesen Lebererkrankungen vor allem die alkoholische Leberkrankung sowie die metabolisch-bedingten Fettlebererkrankungen (MASLD) und insbesondere die Spätphase dieser Erkrankungen, die Leberzirrhose, für die Entstehung von Leberkrebs verantwortlich.

In anderen Bereichen der Welt, insbesondere in Asien und Afrika kommt das HCC noch wesentlich häufiger vor. Das liegt vor allem daran, dass für die Entstehung von Leberkrebs fast immer eine Lebererkrankung vorliegen muss. Das höhere Vorkommen in Asien ist durch die dort wesentlich häufigen auftretenden Leberentzündungen, wie Hepatitis B und Hepatitis C zu erklären. 

In den letzten Jahren haben sich die Fortschritte in der Therapie, deutlich beschleunigt. Dadurch ist diese Diagnose kein automatisches Todesurteil mehr.

Prävention und Diagnostik

Eine frühzeitige Identifikation der Menschen, die bereits durch Lebererkrankungen vorbelastet sind, ist besonders wichtig. Die erste Anlaufstelle ist meist der Hausarzt. Dieser führt bei auffälligen Leberwerten erste Untersuchungen durch, oder überweist Patienten direkt zum Leberspezialisten, wie zum Beispiel in das Leberzentrum des St.-Josefs-Hospitals Wiesbaden. Patienten, bei denen eine Leberzirrhose festgestellt worden ist, sollten dann alle sechs Monate Kontrolluntersuchungen erhalten. Dazu zählen eine Ultraschallkontrolle und ggf. die Erhebung spezieller Blutwerte (Tumormarker) um eine symptomlose aber potenziell bösartige Tumorentstehung zu erkennen. Denn erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium verursacht Lebekrebs Symptome wie Schmerzen, Gelbfärbung der Haut (Ikterus), Bauchwasser (Aszites) oder Gewichts- und Muskelverlust. Eine regelmäßige Kontrolle der Leber sollte nicht nur bei einer bekannten Leberzirrhose stattfinden, sondern auch bei den meisten anderen Lebererkrankungen. Falls im Ultraschall der Verdacht auf Leberkrebs gestellt wird, sind weitere diagnostische Maßnahmen durchzuführen. Hier ist an erster Stelle das MRT der Leber, aber auch der Kontrastmittelultraschall und ggf. das Kontrastmittel-CT zu nennen. Die vorbestehende Lebererkrankung sowie der typische Befund in der Bildgebung reichen zur Diagnosestellung aus. Eine Gewebeprobe wird nur bei unklaren Befunden, oder wenn der Tumor fortgeschritten ist und nicht mehr lokal (z.B. durch die operative Entfernung) behandelt werden kann, gefordert. Zusätzlich sollten dann weitere Untersuchungen erfolgen, um Fernabsiedlungen auszuschließen (z.B. eine Computertomographie der Lunge).

Therapie

Die Therapie bei Leberkrebs orientiert sich an unterschiedliche Stadien, in denen der Tumor eingeteilt wird.

Für diese Stadieneinteilung (BCLC-Klassifikation) ist neben der Ausbreitung des Tumors in und außerhalb der Leber, vor allem auch die Leberfunktion entscheidend. Durch eine vorbestehende Lebererkrankung können Grundfunktionen der Leber bereits eingeschränkt sein. Dadurch werden Therapiemöglichkeiten limitiert.

Lokal begrenzte Tumoren (Stadium BCLC A) können durch eine Operation entfernt werden. Alternativ kann eine Verödung vorgenommen werden (z.B. Mikrowellenablation oder Radiofrequenzablation). Dabei wird der Tumor durch Hitze zerstört. Eine weitere Möglichkeit ist die Lebertransplantation, die nach festgelegten Kriterien in Frage kommt.

Bei fortgeschrittenen, aber noch auf die Leber begrenztem Leberkrebs ohne Einwachsen in die großen Lebergefäße (Stadium BCLC B) steht die transarterielle Chemoembolisation an erster Stelle. Hier wird über die Leiste ein Katheter bis zum tumorversorgenden Blutgefäß geführt. Anschließend wird die Chemotherppie direkt in den Tumor verabreicht und das Blutgefäß verschlossen, welches den Tumor versorgt. Damit wird neben der medikamentösen Bekämpfung des Tumors, auch die versorgende Blutzufuhr abgeschnitten. Ein alternatives Verfahren ist die transarterielle Radioembolisation, bei der ebenfalls über die Leistenarterie radioaktive Partikel lokal am Tumor appliziert werden.

Sollte der Tumor bereits Fernmetastasen (Absiedelung von Tumorzellen in andere Organe) gebildet haben, oder in die Pfortader hineingewachsen sein (Stadium BCLC C), dann ist eine Behandlung mittels systemischer Therapien (Antikörper-, oder Immuntherapien) anzuwenden. Lange Zeit stand hierfür nur ein Medikament, der Multikinaseinhibitor Sorafenib zur Verfügung. Der Wirkungsmechanismus ist, dass mehrere Signalwege blockiert werden, die für das Tumorwachstum verantwortlich sind.

In den letzten 5 Jahren gab es allerdings eine große Entwicklung in der Therapie bei Leberkrebs. Klassische Chemotherapien, die bei vielen Menschen noch mit starken Nebenwirkungen verbunden sind, spielen hierbei keine Rolle. Vielmehr werden sogenannte Checkpoint Inhibitoren, auch als Immuntherapien bekannt, eingesetzt. Dabei wird das Immunsystem indirekt zur Tumorbekämpfung aktiviert. Die Gabe mehrerer Medikamente im Rahmen einer Therapieart (Kombinationstherapie) hat sich als Standard bei der Behandlung von Leberzellkrebs etabliert.  Die Kombinationen Atezolizumab/Bevacizuma, Tremelimumab/Durvalumab oder Nivolumab/Ipilimumab haben das mittlere Gesamtüberleben um bis zu 6 Monate im Vergleich zu Sorafenib verlängert. Auch die Lebensqualität betroffener Menschen wird aufgrund des guten Nebenwirkungsprofils weniger stark beeinträchtigt. Bei einem kleinen Teil der Patienten kann sogar ein Langzeitüberleben über mehrere Jahre erreicht werden. Eine Unterscheidung von Patienten, welche mehr oder weniger von der Immuntherapie profitieren kann zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht VOR der Therapie getroffen werden.

Schließlich bleibt noch die Gruppe an erkrankten Menschen, bei denen die Leberfunktion nicht ausreichend ist um eine tumorspezifische Behandlung durchzuführen (BCLC D). Hier steht eine symptomorientierte Therapie im Vordergrund, um eine bestmögliche Lebensqualität bis zum Lebensende zu gewährleisten.

Durch die Entwicklungen der letzten Jahre stehen erstmals mehrere Therapieoptionen zur Auswahl. Das schafft Möglichkeiten bei zunächst wirkungslosen Ansätzen, effiziente Alternativen einsetzten zu können. Für die Medizin und Patienten eröffnet sich damit eine positive Aussicht darauf, Leben zu verlängern und Lebensqualität erhalten zu können.

Die Nachsorge

Das vorrangige Ziel nach einer erfolgreich abgeschlossenen Therapie ist es, ein Neuauftreten des Tumors frühzeitig zu erkennen. Dabei werden folgende Vorsorgeuntersuchungen empfohlen:

è Nach lokalen Therapien

· Leber MRT im Abstand von 3 Monaten in den ersten 2 Jahren

· Anschließende Ultraschallkontrolle im Abstand von 6 Monaten

Nach lokalen Therapien ist im Abstand von 3 Monaten ein MRT der Leber

Bei Patienten unter systemischen Therapien sollte ebenfalls der Therapieerfolg alle 3 Monate überprüft werden.

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Foto: JoHo

Prof. Dr. Christoph Sarrazin ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Er ist Chefarzt der Medizinischen Klinik II im St.-Josefs-Hospital in Wiesbaden und leitet dort das Leberzentrum.

Foto: JoHo

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Dr. med. Johannes Holstege ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie. Er arbeitet als Oberarzt in der Medizinischen Klinik II des St.-Josefs-Hospitals in Wiesbaden und ist zudem am Leberzentrum Wiesbaden tätig.

Weitere Informationen

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