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Künstliche Schultergelenke 2025 – was ist heute möglich
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*Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir die männliche Form, meinen jedoch Menschen aller Geschlechter.
Foto:WIX


Foto: JoHo
Die Klinik für Unfallchirurgie, Hand-, Schulter- und Ellenbogenchirurgie des St. Josefs-Hospital ist inzwischen eines der größten Zentren im Rhein-Main Gebiet für künstliche Schultergelenke. Der Bereich wächst kontinuierlich und wird von hochspezialisierten Operateuren abgebildet. Seit 2021 ist die Klinik nationales und internationales Referenzzentrum der Fa. Enovis, eines der größten weltweiten Unternehmen in diesem Bereich.
Dr. med. Michael Schneider, Chefarzt der Unfallchirugie im St. Josefs-Hospital Wiesbaden, ist als medizinischer Berater, Entwickler und Instruktor tätig . Dr. Schneider erläutert Ihnen die moderne Schulterendoprothetik und zeigt auf, was 2025 möglich ist.
Ein künstliches Schultergelenk wird zunehmend häufiger implantiert.

Foto: Beispiel 1, JoHo

Foto: Beispiel 1, JoHo

Foto: Beispiel 2, JoHo

Foto: Beispiel 2, JoHo

Foto: 3D-Planung, JoHo



Fotos: individuelle Instrumente, JoHo


Fotos: VR-Technologie, JoHo
Aktuell werden jährlich ca. 25.000 Implantationen in Deutschland durchgeführt. Zum Vergleich 2002/3 waren es noch etwa 3000 Implantationen jährlich. In den letzten 2 Jahrzehnten hat sich die Zahl also nahezu verzehnfacht. Man rechnet damit das die Schulterendoprothetik in den nächsten 20 Jahren, die größten Steigerungsraten innerhalb der „Kunstgelenkchirurgie“ aufweisen wird.
In 75% der Fälle sind Frauen betroffen. Typische Indikationen sind Frakturen des Oberarmkopfes bei älteren Patienten (meistens ab 70 Jahre), ein chronischer Verschleiß der Rotatorenmanschette („Cuff tear arthropathie = CTA), die klassische Arthrose und inzwischen seltener Folgen von rheumatischen Erkrankungen, da die medikamentöse Therapie sich in diesem Bereich stark verbessert hat.
Die Implantation eines künstlichen Schultergelenks hat sich in den letzten Jahren rasant verändert und man kann heutzutage den Patienten die Angst und Sorge nehmen, dass diese Operation gefährlich ist.
Grundsätzlich ist die Schulter jedoch ein sehr komplexes Gelenk, daher ist Erfahrung bei diesen Operationen unerlässlich. Man sollte sich also bei geplanten Eingriffen eine Klinik aussuchen, die diese Operation regelmäßig durchführt.
Studien aus den USA konnten nachweisen, dass die Komplikationsraten sinken, wenn jährlich mindestens 20 Eingriffe dieser Art durchgeführt werden. Das bezieht sich auf den einzelnen Operateur. Insofern ist es sinnvoll ein spezialisiertes Team zu haben. Man kann also durchaus von einem „Spezialisten Eingriff“ reden. In der Mehrzahl der Fälle sind sehr gute Ergebnisse zu erzielen. Aktuelle Daten aus dem Australischen Endoprothesenregister haben nachweisen können, dass 90% aller Patienten zufrieden oder sehr zufrieden sind. Dies ist vergleichbar mit den Ergebnissen nach künstlichen Hüftgelenken (ebenfalls ca. 90%) und sogar besser als die Resultate nach einem künstlichen Kniegelenk (ca. 80 – 85%).
Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Arten des Kunstgelenks unterschieden.
Wir unterscheiden die „anatomische“ Prothese (Beispiel 1), die man nur einsetzen sollte, wenn die umgreifende Muskulatur, die sogenannte Rotatorenmanschette, noch intakt ist.
Beispiel 1.
65-jähriger Mann mit Arthrose, intakter Rotatorenmanschette und guter Knochenqualität. Versorgung mit einer anatomischen Endoprothese mittels Kunststoffpfanne, Keramikkopf und schaftlosem Titanimplantat.
Heutzutage werden zunehmend schaftlose Implantate verwendet, die sehr gute funktionelle Ergebnisse aufweisen.
Bei fehlender oder insuffizienter Rotatorenmanschette wird i.d.R. eine so genannte „inverse (umgedrehte)“ Prothese (Beispiel 2) implantiert.
Dabei verändert man das Design der Gelenkpartner. Die von Natur aus flache Schulterpfanne, wird in eine halbkugelförmige (konvexe) Pfanne gewechselt. Der runde Oberarmkopf wird in ein schalenförmiges (konkaves) Design verändert.
Dadurch ändert sich die Biomechanik des Gelenks. Mit diesem mechanischen Trick, hat man die Operation eines künstlichen Schultergelenks revolutioniert und man kann heute Patienten helfen, für die es vor 30 - 40 Jahren keine Möglichkeiten gab.
Aktuell ist gerade in diesem medizinischen Bereich ein Schub an Innovationen zu sehen. 3D-Planung, Navigation in der OP
und bei schwierigen Fällen individuelle Instrumente und Implantate,
sowie vermehrt der Einsatz der VR-Technologie (Virtual Reality) zur Verbesserung der Genauigkeit der Implantation der Implantate heben diesen Bereich auf ein neues Niveau.
Leider werden viele dieser hilfreichen Mittel bisher von den Kostenträgern nicht übernommen, so dass noch keine flächendeckende Anwendung möglich ist. Die momentan entstehenden Kosten müssen in den meisten Fällen von den Kliniken getragen werden.
Insgesamt werden wir eine klare Zunahme dieser Operationen sehen. Die technischen Hilfsmittel werden die Ergebnisse weiter optimieren. Wichtig ist erfahrene Operateure zu suchen, denen man vertraut und die sich mit diesem spannenden Bereich intensiv beschäftigen.